Inspirierte die Region zum "Leviathan"?

09/2021 - Arno Schmidt schrieb sein Erstlingswerk "Leviathan oder Die beste der Welten" 1946 auf dem Cordinger Mühlenhof. Es endet auf einer gesprengten Brücke. Holte sich der Schriftsteller die Inspiration für die Schauplätze seiner Handlungen in der Benefelder Region? In der Vortragsreihe "Arno Schmidt les'n" von Stadtbücherei Bad Fallingbostel und FORUM stellten Dr. Wolfgang Brandes und Torsten Kleiber die Erzählung vor.

Das Original hat nur rund dreißig Taschenbuchseiten, das Manuskript wurde auf Telegrammpapier britischer Behörden geschrieben. "Leviathan oder Die beste der Welten" war eigentlich zu kurz, um als Buch veröffentlicht zu werden. Also kamen noch die Erzählungen "Gadir" und "Enthymesis" hinzu, bis der Rowohlt-Verlag mit Arno und Alice Schmidt zum ersten Mal handelseinig wurde. Zwar wurde sein erstes Buch kein  Bestseller, mit ihm gelang Arno Schmidt aber der Durchbruch: Die Anerkennung in der Literaturszene kam mit dem großen Preis der Mainzer Akademie für Wissenschaft und Literatur und vom Nobelpreisträger Hermann Hesse.

Ganz gegen dessen Gewohnheit sprach der für den Rowohlt-Verlag eine Leseempfehlung aus, die einem Ritterschlag glich. Schmidt sei ein "moderner Desperado", so Hesse, ein "junger schnoddriger und sehr begabter Dichter", der "etwas gefährdet und möglicherweise nicht ungefährlich", aber auf jeden Fall ein "echter Visionär" sei. Arno Schmidt war so von seiner eigenen Besonderheit überzeugt, dass er Hesses Empfehlung aber verriss: Dieser habe sein "Lehrgebäude" wohl nicht verstanden, und für Schmidt sei Hesse "ein begabter Dichter, reich und faltig", dem naturwissenschaftliche Kenntnisse und das Erlebnis von Urphänomenen wie Krieg und Hunger fehlten. Hesse wollte nach der Antwort des "unartigen Knaben" so bald nicht wieder eine Rezension schreiben.

Der "Leviathan" endet in einem Güterwagon, der am Schluss der Katastrophe auf einer zerstörten Brücke hängenbleibt. Die Insassen sind dem Tod geweiht. Die Ähnlichkeit der beschriebenen Brücke zum gesprengten Viadukt in Uetzingen ist deutlich. Und Arno und Alice Schmidt kannten es von ihren Spaziergängen durch die Borger Lohheide. Es liegt nahe, dass das Relikt aus EIBIA-Zeiten die Inspiration für Schmidts Erstlingswerk war - und damit bedeutsam für die deutsche Literaturgeschichte ist.

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