Gebäude erzählen Geschichten. Sie können nur nicht sprechen.
Das „Schloss von Bomlitz“, das „Afrika-Haus“, die Cordinger Mühle oder auch ein ehemaliges Krankenhaus mit mehreren hundert Betten sind nur einige der Gebäude mit besonderer Vergangenheit. 14 Objekte sind aufgeführt, die anhand historischer Fotos im Ortsplan mit der Gegenwart verglichen werden können. Darüber hinaus werden ab Mai 2014 Tafeln an den Gebäuden mit zusätzlichen Informationen angebracht werden.
Erkunden Sie die Gebäude selbst und finden Sie Erstaunliches auf den Infotafeln!
Das FORUM bietet Führungen, Spaziergänge und Fahrradtouren an, individuell auch für Kleingruppen, variabel in der Dauer und auch in Englisch. Mehr dazu finden Sie hier: Führungen.
Der Ortsplan ist für einen EUR beim FORUM Bomlitz e.V. erhältlich bei Torsten Kleiber (Tel. 0163/1650184 oder an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) und auch in der Gemeindebücherei und dem Bürgerservice im Rathaus.
Afrika-Haus (erbaut 1913)
Bomlitz - Am Hoop 5
Fasziniert von Afrika beteiligte sich Oskar Wolff 1895 an der Gründung der Deutschen Tanga-Gesellschaft. Er wollte Handel im heutigen Tansania betreiben. 1912 kaufte er eine Kaffee-Pflanzung am Kilimandscharo, die von seinem Sohn Erich bewirtschaftet wurde. Das Afrika-Haus sollte als Bausatz zur Wolffschen Siedlung nach Tansania gebracht werden. Der Erste Weltkrieg stoppte aber diese Pläne: 1918 wurde die Familie Wolff nach dem Krieg in Tansania enteignet. Das Musterhaus konnte seine Reise nach Afrika nicht antreten und blieb in Bomlitz.
Bahnhof Bomlitz (erbaut 1914/15)
Bomlitz - Bahnhofstraße 28
Während des Ersten Weltkriegs stieg der Absatz bei Wolff & Co. erheblich. Die Produktion wurde ausgeweitet, daher wurde zur Unterstützung der Produktion 1915 eine Werkbahn gebaut. Das Bomlitzer Bahnhofsgebäude wurde zwei Jahre später errichtet. Es hat einen oktogonalen Grundriss und weist ebenfalls die Merkmale des übrigen denkmalgeschützten Ortsensembles auf. Die Werkbahn brachte jahrzehntelang täglich viele hundert Mitarbeiter an ihren Arbeitsplatz. Bis Ende der 1980er Jahre wurden noch Schüler zwischen Bomlitz und Walsrode befördert. Gütertransporte finden auch heute noch auf der Werkbahnstrecke statt.
Hauptpförtner Wolff (erbaut 1914)
Bomlitz - Bahnhofstraße 13
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde das Werksgelände aus Angst vor Spionage eingezäunt. Das 1916 errichtete Hauptpförtnergebäude ist der Hauptzugang für damals wie gegenwärtig über 2500 Mitarbeiter. Die Rundbögen und ein modifiziertes Mansarddach sind als Merkmale des historischen Ortsensembles erkennbar. 1961 hielt der damalige Berliner Bürgermeister Willy Brandt am Hauptpförtner eine Rede vor vielen hundert Zuhörern.
Ledigenheim Wolff (erbaut 1913/14)
Bomlitz - Bahnhofstraße 22
Gemeinsam mit dem Pulverkrug entstand 1913/14 das Ledigenheim. Bei mehr als 2500 Mitarbeitern in der Zeit des Ersten Weltkriegs war Wohnraum nötig, auch für junge Alleinstehende. Anfangs konnten vierzig Männer untergebracht werden. Zu Hochzeiten des Unternehmens stieg die Kapazität auf 144 Plätze. Architektonisch zeigt besonders der zentrale Mansarddachgiebel den Stil des denkmalgeschützten Ortsensembles. Zusätzlich findet man die Rundbögen des Eingangsbereichs beim später erbauten Hauptpförtnergebäude wieder.
Gasthaus Pulverkrug (erbaut 1913/14)
Bomlitz - Bahnhofstraße 18 - 20
Zeitgleich mit dem Ledigenheim wurde 1913/14 der Pulverkrug als zweites Bomlitzer Gasthaus errichtet. Architektonische Elemente wie der seitliche Mansardanbau zeigen deutlich die Zugehörigkeit zum denkmalgeschützten Ortsensemble. Der Saal wurde in den ersten Jahrzehnten für die Mitarbeiter als Kantine genutzt. Im Pulverkrug fanden die Ratssitzungen der 1928 gegründeten Gemeinde Bomlitz statt. Es wird heute als Restaurant genutzt.
Wohlfahrtsgebäude (erbaut 1918)
Bomlitz - Bahnhofstraße 11
Die vorhandenen Mitarbeiterunterkünfte verfügten überwiegend nicht über Bademöglichkeiten. Das Wohlfahrtshaus entstand im letzten Kriegsjahr 1918 und bot eine Sanitätsstation und Mietbäder. Diese fortschrittliche Ausstattung war vorbildlich für die Region und drückte auch das Selbstverständnis der Firma Wolff aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Wohlfahrtsgebäude bis 1959 Sitz der Gemeindeverwaltung. Die ursprünglich vorhandene Auffahrt musste in den 1980er Jahren weichen, als die Verkehrsführung im Ortskern geändert wurde.
Alte Verwaltung Wolff (erbaut 1916)
Bomlitz - August-Wolff-Straße 13
In Schlossbauweise wurde von 1916 bis 1920 das sicherlich eindrucksvollste Gebäude in der Gemeinde Bomlitz auf einer Anhöhe errichtet. Verwaltung und Labore von Wolff & Co. waren hier untergebracht. In Größe und Qualität hatte das Gebäude gerade im Kontext der damaligen Bebauung eine starke Signalwirkung. Es zeigte damals wie heute die Position und Bedeutung der Firma Wolff für die Region Bomlitz/Benefeld. Die Sichtachse des Gebäudes ist auf das Wolff-Denkmal am Gutshof ausgerichtet und damit auf den Entstehungsort des Unternehmens und von Bomlitz.
Wohnhaus Gerd Wolff (erbaut 1940)
Bomlitz - August-Wolff-Straße 15
Die „Weiße Villa“ entstand ca. 1940 für die Familie von Dr. Gerd Wolff, einem Sohn von Oskar Wolff. Direkt neben ihr gelegen verstärkt sie den prägenden Eindruck der Alten Verwaltung und besteht ebenfalls aus drei Flügeln. 1945 hatte der britische Kontrolloffizier seinen Sitz in der Villa, 1950 wurde das Anwesen an die Familie Wolff zurückgegeben. Nach vielen Jahren als Gästehaus von Wolff Walsrode bietet es heute gut ausgestattete Räumlichkeiten für Feiern, Seminare und Veranstaltungen.
Gutshaus Bomlitz (erbaut 1872/1905)
Bomlitz - Am Gutshof
Der ursprüngliche Siedlungskern, aus dem später der Ort Bomlitz wurde, befand sich im Bereich des Gutshofs. 1681 baute die Familie Pfuhl eine Papiermühle und errichtete kurz danach ein Wohnhaus. Nach 1815 übernahm die Familie Wolff das Haus und ließ 1872 einen repräsentativen Anbau errichten, der vom bekannten Architekten Conrad W. Hase entworfen worden ist. Der erhaltene Anbau gehört zu den ältesten Gebäuden in Bomlitz. 1905 wurde das Papiermacherhaus abgerissen und durch das heutige Gutshaus ersetzt. Beide Gebäudeteile werden seit 2001 von Unternehmen des Industrieparks Walsrode genutzt.
Kontor der Holzindustrie (erbaut 1928)
Cordingen - An der Warnau 58
Die Holzindustrie Cordingen GmbH wurde im Jahr 1920 gegründet. Sperrholzplatten in allen Größen und Stärken waren die Produkte dieses Unternehmens, das bis in die 70er Jahre bestand. 1928 wurde der Firmensitz von Berlin nach Cordingen verlegt. In diesem Jahr wurde auch das Kontorgebäude für die kaufmännische Geschäftsabwicklung gebaut. Der Schriftsteller Arno Schmidt, der nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Cordinger Mühlenhof lebte, erwähnte das Kontorgebäude in seiner Erzählung „Schwarze Spiegel“. Seit der Auflösung der Gesellschaft wird das Gebäude als Wohnhaus genutzt.
Hauptverwaltung EIBIA (erbaut 1940/41)
Benefeld - Cordinger Straße 35
Mit der „EIBIA GmbH für chemische Produkte“ entstand 1938 in Bomlitz/Benefeld die größte Pulverfabrik im Dritten Reich. Tausende Menschen arbeiteten in der EIBIA, ein großer Teil davon waren Fremd- und Zwangsarbeiter. Nach dem Krieg hatte die britische Militärverwaltung ihren Sitz in der ehemaligen Hauptverwaltung, bis 1947 das Spruchgericht Bomlitz-Benefeld eingerichtet wurde und in 1 ½ Jahren 2.254 Verfahren im Rahmen der Entnazifizierung durchführte. Seit 1948 nutzt die Freie Waldorfschule Benefeld den Gebäudekomplex.
Cordinger Mühle (erste Erwähnung 1408)
Benefeld - Am Mühlenhof 14
Die Cordinger Mühle wurde 1810 errichtet, wahrscheinlich auf den Fundamenten einer älteren Mühle, die bereits 1408 erwähnt wurde. Sie ist funktionstüchtig und seit 1982 im Besitz der Gemeinde Bomlitz. Nach Restaurierung der Gebäude wurde das Ensemble durch ein Backhaus ergänzt. Die Cordinger Mühle ist Teil der Niedersächsischen Mühlenstraße und heute Standesamt. Im Laufe des Jahres finden hier Feste und kulturelle Veranstaltungen statt. Von 1945 bis 1950 lebte der Schriftsteller Arno Schmidt auf dem Mühlenhof. Sein Umfeld in Benefeld diente als Rahmen für einige seiner Werke.
Liberation Hospital Bomlitz (erbaut 1939/40)
Benefeld - Walter-Christoph-Platz
Für den Aufbau und den Betrieb der Pulverfabrik EIBIA waren tausende Arbeitskräfte nötig, die Wohnraum brauchten. Hierfür wurde u.a. das Lager Cordingen (Lohheide) als Gemeinschaftsunterkunft errichtet. Mit der Ausweitung des Zweiten Weltkriegs erfolgte der Austausch der meisten deutschen gegen ausländische Arbeitskräfte.
Nach Kriegsende wurden die „Displaced Persons“ (DP) im Lager gesammelt, um sie in ihre Heimatländer zurück zu transportieren. Für die medizinische Versorgung der DP’s ließ die Militärregierung große Teile des Lagers in ein Krankenhaus umwandeln, das sie „Liberation Hospital Bomlitz“ nannte. In der Umgebung war es allerdings nur als Polenhospital bekannt. Das Hospital verfügte über fast alle gängigen Fachabteilungen, die auf die einzelnen Häuser verteilt waren. Dazu gehörte auch eine große Abteilung für Geburtshilfe, in die vorwiegend schwangere Polinnen aus dem ganzen Landkreis zur Entbindung gebracht wurden. Die Säuglingssterblichkeit nach dem Krieg war gerade bei den durch die Zwangsarbeit geschwächten Frauen hoch. Die verstorbenen Kinder sind zu einem großen Teil auf dem Bomlitzer Ehrenfriedhof bestattet worden.
Nach Auflösung des Hospitals 1949 wurden die Lagergebäude wieder für Wohnzwecke hergerichtet. Das einstige Lager Cordingen (Lohheide Nord und Süd, Mühlenhofsiedlung) steht als Ensemble unter Denkmalschutz.
Feuerwehr und Pförtner der EIBIA (erbaut 1939/40)
Benefeld - Poststraße 11
Viele tausend Beschäftigte der EIBIA gingen zwischen 1938 bis zum Kriegsende 1945 täglich durch dieses Tor zur Arbeit. Hier hatten zusätzlich eine Sanitätsstation und die Werksfeuerwehr der EIBIA ihren Sitz, der vor dem Hintergrund der gefährlichen Pulverproduktion eine besondere Bedeutung zukam. Die Gebäude wurden ab 1949 als Internat der Freien Waldorfschule genutzt. Heute befinden sich hier Privatwohnungen.