Geschichte der Cordinger Mühle
Erste Erwähnung und Familie Fuhrhoop
1408: Johann von der Fulde verkauft an das Kloster Walsrode eine Mühle zu Benefeld "auf Wiederkauf". In diesem Vertrag wird wohl zum ersten Mal die Cordinger Mühle urkundlich erwähnt.
1410: Die Gebrüder Torney verkaufen den mittlerweile erworbenen Mühlenhof mit Mühle wieder an das Kloster Walsrode. Zu dieser Zeit hat auch der Gogrefe (ordentlicher Richter) zu Cordingen auf dem Mühlenhof seinen Amtssitz.
1661: Hans Scheelen ist als Müller der Cordinger Wassermühle verzeichnet. Die Mühle hat einen Mahlgang.
1667: Johan Fuhrhoop wird urkundlich geführt als Mühlenbesitzer und Klostermeyer (hat den Vollhof vom Kloster gepachtet). Zum Besitz gehören Mühle, Haus und Hof, ein Speicher, eine Kornscheune, ein Schafstall, eine Heuscheune, ein Backhaus und ein Bienenstock.
1778: Die Kurhannoversche Landaufnahme (Blatt 89 Walsrode) zeigt eine Mühle am heutigen Platz.
1808: Der Mühlenbesitzer Friedrich Heinrich Fuhrhoop heiratet Catharine Elisabeth Springhorn.
1810: Friedrich Heinrich Fuhrhoop lässt einen neuen Mühlenbau auf den Grundmauern der vorhandenen Mühle errichten.
1814: Nachdem Friedrich Heinrich Fuhrhoop verstorben ist, heiratet seine Witwe Catharine Elisabeth erneut. Ihr zweiter Ehemann Johann Heinrich Müller bekommt mit dem Meyerbrief die Erlaubnis zum Betrieb der Mühle.
1828: Auch Johann Heinrich Müller verstirbt kinderlos mit 43 Jahren.
1829: Die erneut verwitwete Catharine Elisabeth Müller verkauft den Vollhof mit Mühle an den 28-jährigen Johann Georg Heino aus Lünzmühlen bei Schneverdingen.
Johann Georg Heino übernimmt die Mühle
1830: Johann Georg Heino heiratet Catharina Rotermund aus Bothmer. Bereits 1831 wird der erste Sohn Heinrich Wilhelm geboren.
1834: Dem Mühlenbesitzer wird genehmigt, einen Mahlgang einzurichten, um aus Raps und Leinsamen Öl herzustellen (Ölgang). Der Betriebszweig wird aber nach einem Jahr wieder eingestellt.
1837: Der zweite Sohn Heinrich Friedrich August wird geboren.
1844: Nach drei Jahren Verhandlungen kann sich Johann Georg Heino mit 1000 Talern von den Abgaben an den Gutsherrn freikaufen (Ablösungsrezess). Damit ist er endgültig unabhängig.
1854: Heinrich Friedrich August Heino wird wegen fortgesetzter Brandstiftung im Alter von 17 Jahren in Celle zunächst zum Tode verurteilt und später zu lebenslangem Zuchthaus zweiten Grades (bei schwerer Arbeit) begnadigt.
1857: Catharina Heino, Ehefrau von Johann Georg Heino, stirbt im Alter von 54 Jahren.
1860: Johann Georg Heino übergibt den Hof an seinen ältesten Sohn Heinrich Wilhelm, der zu diesem Zeitpunkt 29 Jahre alt ist. Der Müllerssohn muss in dem Kaufvertrag erhebliche Zugeständnisse machen, unter anderem:
-- lebenslanges Wohnrecht des Vaters im Müllerhaus
-- ein Gespann, das den Vater sonntags zur Kirche fährt
-- ein Brautgeld von 2200 Talern für jede der Schwestern
-- 1500 Taler für den Bruder zur Existenzgründung, falls dieser jemals aus der Haft entlassen werden sollte
Heinrich Wilhelm Heino führt die Familientradition weiter
1866: Anna Dorothea Marie Luise, Tochter von Heinrich Wilhelm Heino und seiner Frau Magdalene, stirbt im Alter von zwei Jahren an Masern.
1866: Wolff Walsrode pachtet vom Müller Heino ein Gelände an der Warnau und errichtet dort 1868 eine Pulvermühle.
1869: Anna Marie Dorothea, zweite Tochter von Heinrich Wilhelm Heino und seiner Frau Magdalene, stirbt im Alter von zwei Jahren an Krupp (Diphtherie).
1870: Johann Georg Heino stirbt im 69. Lebensjahr an Schlagfluss (Schlaganfall).
1877: Der Cordinger Mühlenhof hat sich gut entwickelt. Die Häuserliste führt für den Vollhof einen Speicher, einen Schafstall, eine Scheune mit Wohnung (heutiges Müllerhaus), die Mühle, ein Backhaus, einen Schweinestall, die Pulvermühle, einen Schuppen, ein Spinnereigebäude, einen Wollschuppen, ein Stallgebäude, ein Trockenhaus und drei Häuslingshäuser, in denen Knechte und Mägde leben.
1877: Mühlenbesitzer Heinrich Wilhelm Heino stirbt im 46. Lebensjahr an Typhus. Seine Witwe muss den Mühlenhof allein weiter betreiben.
1888: Die Pulvermühle an der Warnau explodiert. Zwei Arbeiter kommen dabei ums Leben. Es lohnt sich nicht, den Betrieb wieder aufzubauen, weil die Firma Wolff mittlerweile Dampfmaschinen statt Wasserkraft nutzt.
1901: Die Witwe Dorothea Magdalene Heino verkauft das Anwesen an Georg Friedrich Melchers aus Bremen, der einer alten Kaufmannsfamilie mit großem Handelsunternehmen entstammt. 1899 unternahm er eine einjährige Weltreise, auf der er auch seine spätere Frau kennenlernte.
Eigentümerwechsel zur Jahrhundertwende
1901: Georg Friedrich Melchers erbaut das herrschaftliche Gutshaus und errichtet eine Sägemühle an der Stelle der explodierten Pulvermühle.
1905: Melchers heiratet Betty Voß, die er auf seiner Weltreise kennengelernt hat.
1906: Der erste Sohn Johann Georg Friedrich wird in Cordingen geboren. Er studiert später Naturwissenschaften, promoviert 1930 und wurde 1941 Leiter der Arbeitsstätte für Virusforschung am Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin. Nach dem Krieg erhält er eine Professur in Tübingen und war von 1947 bis 1976 Direktor des Max-Planck-Instituts für Biologie in Tübingen.
1907: Der zweite Sohn Otto Gustav kommt zur Welt. Er wird später evangelischer Pfarrer, wird heiraten, vier Kinder haben und 1952 zum Katholizismus konvertieren.
1911: Georg Friedrich Melchers und seine Frau Betty bekommen ihren dritten Sohn Gerd.
1914: Georg Friedrich Melchers verkauft die Mühle an die Familie Kannengießer und zieht mit Frau und Kindern nach Detmold um. Der Käufer zahlt allerdings nicht sofort den gesamten Kaufpreis, so dass durch die Inflation nach dem Krieg ein großer Teil der Restschuld verloren geht. Die Familie Kannengießer kommt aus Walle und musste den dortigen elterlichen Betrieb aufgeben, als Walle Stadtgebiet von Bremen wurde.
Der Mühlenhof ist zu dieser Zeit noch einmal gewachsen. Zu ihm gehören ein herrschaftliches Wohnhaus, ein Speicher, ein Schweinestall mit Wohnräumen und Boden, eine Wagenremise mit Futterraum und Boden, ein Häuslingshaus mit Stall, ein neuer Kuh- und Pferdestall, ein Hühner- und Räucherhaus, eine neue Scheune mit Göpel und Speicher, eine kleinere Scheune mit Häuslingswohnung, ein neues Häuslingshaus mit mehreren Wohnungen und Ställen, ein neuer größerer Stall aus Holz mit Heuboden, ein neuer Stall für die Schweine der Häuslinge, die Wassermühle und die Sägemühle mit neuem eisernen Wasserrad und einem villenartigem Pächterhaus.
1918: Nach dem Ersten Weltkrieg baut die Familie Kannengießer die Mühle um, renoviert sie und stattet sie mit neuen Maschinen aus. Heinrich Westermann wird als Müller eingestellt.
1919: Die Sägemühle ist nicht mehr rentabel und wird verkauft. Aus ihr entwickelt sich später die Holzindustrie Cordingen GmbH.
1930: Das Wasserrad der Cordinger Mühle wird durch eine Turbine ersetzt.
1939: Die Familie Kannengießer muss den Mühlenhof an die Montan Industriewerke GmbH abgeben, weil das Land für die Pulverfabrik EIBIA beansprucht wird. Sie verzieht in den Kreis Diepholz. Das Wohnhaus wird zu Verwaltungsräumen umgebaut, die Mühle wird zunächst weiterhin betrieben.
Die Cordinger Mühle nach dem Zweiten Weltkrieg
1945: Nach dem Zweiten Weltkrieg wird das herrschaftliche Gutshaus mit Flüchtlingen aus dem Osten des ehemaligen Deutschen Reichs belegt. Der Schriftsteller Arno Schmidt wird mit seiner Frau Alice für fünf Jahre auf dem Mühlenhof einquartiert und von der Umgebung und den ärmlichen Lebensbedingungen als Flüchtlinge in seiner literarischen Arbeit geprägt.
1959: Die Mühle wird noch bis in die 1950er Jahre genutzt, Heinrich Westermann betreut sie nach wie vor als Müller. Hans Hogrefe vom Landhandel Cordingen pachtet die Mühle von der IVG. Der Vertrag dauert allerdings nur ein Jahr.
1970: Die Baufirma Borchert nutzt für einige Jahre das Mühlengelände als Bauhof.
1982: Die Gemeinde Bomlitz kauft den Mühlenkomplex.
1987: Die Cordinger Mühle wird der Öffentlichkeit übergeben, nachdem die Gebäude drei Jahre lang renoviert wurden. Dabei wurde das Ensemble mit einem Backhaus aus dem 19. Jahrhundert aus Hamwiede bei Walsrode ergänzt.
1998: Die Cordinger Mühle wird Standesamt der Gemeinde Bomlitz.
2010: Mit Förderung aus der EU wird die "aquatische Passierbarkeit" der Warnau als aufgestautem Mühlenteich für Fische warnauaufwärts ermöglicht.