Erinnerung erhalten, um Frieden zu erhalten

11/2023 - Für die Pulverproduktion allein am EIBIA-Standort Benefeld wurden ca. 25.000 Menschen zur Zwangsarbeit aus den Ländern verschleppt, die Deutschland im Zweiten Weltkrieg überfallen hatte. Historiker Thorsten Neubert-Preine und Torsten Kleiber vom FORUM stellten zum diesjähigen Volkstrauertag die Biographien von sechs dieser Menschen vor und ergänzten mit dem Lebenslauf eines deutschen EIBIA-Arbeiters. Zum 85. Gedenktag an die Pogromnacht erinnerten sie außerdem an Jenny Wolff, die damals in Walsrode mit Brandverletzungen ins Krankhaus kam. 

"Wir nennen ihre Namen, damit sie nicht vergessen werden. Ihre Lebensläufe erinnern und mahnen, wie wichtig Frieden und Freiheit und wie groß die Opfer von Krieg und Gewalt sind." Es seien mittlerweile die Nachfahren, die sich melden und mehr erfahren möchten, was ihre Eltern oder Großeltern während des Kriegs erlebt haben. Im Fall von Leon Allier kamen die Informationen über die Großnichte, die vorher mit Verwandten gesprochen und vorhandene Dokumente gesichtet hatte. Leon Allier wurde aus Südfrankreich strafdeportiert zur EIBIA wegen seiner angeblichen Unterstützung der Resistance, ähnlich wie Giuseppe Sdruccioli, der als ortsbekannter Sozialist von der italienischen Mussolini-Regierung aus politischen Gründen nach Benefeld deportiert wurde. Als weiteres Beispiel eines westlichen Zwangsarbeiters stellte Neubert-Preine den Belgier Gaston Goes vor, der später mit einem ausführlichen Interview eine wichtige Zeitzeugensicht auf den Alltag in der EIBIA hinterließ.

Zu Regina Gutman, die als eine der sechshundert jüdischen Frauen im September 1944 aus Auschwitz in das Benefelder Lager Sandberg gebracht wurden, erläuterte Torsten Kleiber ihren Zeitzeugenbericht, der online beim Holocaust Memorial in Washington zu lesen ist. Generell seien Online-Archive in Arolsen oder auch in Yad Vashem mittlerweile für die Recherche ein besonders effektives Mittel, um sich aus Mosaiksteinen ein historisches Bild zu machen. 

Zwar nicht durch Zwangsarbeit, aber auch durch den Krieg wurde die Biographie eines deutschen EIBIA-Arbeiters zerstört. Noch mit 38 Jahren wurde er im September 1944 an die Front einberufen, wo er vier Monate später die dortigen Kampfhandlungen nur wenige Tage überlebte. Er hinterließ seine Frau und fünf Kinder, vier Wochen nach seinem Tod wurde das sechste Kind geboren. "Stellvertretend für Millionen von Familien in ganz Europa wird auch hier klar, was an Schmerzen, Zerstörung und Narben der Krieg über die Menschen brachte und auch heute bringt."

Für das FORUM würden die Erinnerungsarbeit und die Walsroder Städtepartnerschaften zusammengehören. "Die Vergangenheit nicht zu vergessen, ist eine Pflicht gegenüber unseren französischen und polnischen Partnern", erklärte Torsten Kleiber. Es sei ein Privileg, heute wieder in Freundschaft gemeinsame Begegnungen, Besuche und Feste mit den europäischen Nachbarn zu haben. Das sei nicht selbstverständlich und auch ein Grund zur Hoffnung in der aktuellen Lage der Welt.

Die Präsentation zur Vorstellung der Biographien finden Sie in unserem Download-Bereich "Infothek > Downloads":

https://www.forum-bomlitz.de/infothek/thema-vortr%C3%A4ge.html

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