Und dann zündete die SA das Haus an

09/2023 - Die Jüdin Edith Hurwitz gehörte in Walsrode ein Textilgeschäft am Kirchplatz. Am Abend des 09. November 1938 war die 37-Jährige bei Bekannten in Berlin, als die Männer der Walsroder SA ihr Haus anzündeten. Erst feierten sie Hitlers Putsch von 1923, dann saßen sie abends noch in einem Cafe in der Langen Straße. Schließlich kam der Befehl aus der Parteizentrale, und die Nazis gingen los.

Der Stadtarchivar Thorsten Neubert-Preine beschrieb bei seiner FORUM-Führung "Jüdisches Leben in Walsrode", was in der Pogromnacht 1938 in Walsrode passierte. Edith Hurwitz kam an dem Tag, in dem ihr Haus brannte, nicht selbst zu Schaden. Sie zog einen Monat später nach Bremen in ein "Judenhaus", von wo sie später in das Ghetto nach Minsk deportiert wurde. Hier verliert sich ihre Spur, wahrscheinlich wurde sie 1942 dort ermordet.

Aus "Erinnerte Leben - Stolpersteine in Walsrode", herausgegeben von der Felix-Nussbaum-Schule in Walsrode:

"Zwischen 1 und 2 Uhr nachts warfen Walsroder SA-Männer und NS-Führer die Schaufensterscheiben des Geschäfts von Frau Hurwitz ein, zerstörten die Einrichtung und warfen diese teilweise auf die Straße. Mit Hilfe herangeschaffter Benzinfässer wurde im Erdgeschoss ein Feuer entzündet. Daraufhin bildeten die Männer eine Absperrkette. Der herangerückten Feuerwehr wurde das Löschen verboten. Sie hatte lediglich dafür zu sorgen, dass die Nachbarhäuser nicht in Brand gerieten.

Die sich noch im Haus befindenden Angestellten wurden nach heftiger Diskussion zwischen SA-Führer auf der einen und Feuerwehrleuten wie Nachbarn auf der anderen Seite vom im Nebenhaus wohnenden Walsroder Diakon mit einer Leiter aus dem Obergeschoss gerettet. Die Nachbarn durften die völlig verstörten Menschen jedoch nicht bei sich aufnehmen. So standen diese nur notdürftig bekleidet in der Novemberkälte auf dem Kirchplatz. Die 40-jährige Haushaltshilfe Jenny Wolff wurde zur Behandlung ihrer Brandwunden ins Krankenhaus gebracht, während man den 23-jährigen Angestellten Walter Oster, der panisch durch die Straßen gelaufen und das Löschen des Feuers gefordert hatte, zusammen mit Paul Neuberg in sogenannte Schutzhaft nahm. Sie kamen ins Polizeigefängnis im damaligen Keller des Rathauses. (...) Alle wurden einige Wochen später wieder entlassen. (...) Jenny Wolff und Walter Oster wurden 1941/42 'in den Osten' bzw. nach Riga (1944 weiter nach Stutthof) deportiert und sind dort verschollen."

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