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Die "Wundertüte" bestand aus fiktiven Briefen

03/2025 - Wem würde man gern einen Brief schreiben, auch wenn diese Person bereits vor Jahrhunderten gelebt hätte oder für Briefe nicht erreichbar wäre? Arno Schmidt hatte eine ganze Reihe von Leuten, denen er schon lange 'mal schreiben wollte, was er über sie dachte - im Guten wie im Kritischen. In der "Wundertüte" wurde es eine Sammlung von solchen Briefen. Wolfgang Brandes und Torsten Kleiber stellten bei Stadtbücherei Bad Fallingbostel und FORUM die "Wundertüte" in einem weiteren "Schmidt les'n"-Vortrag vor.

Die Sammlung war zwar bereits 1950 fertig, wurde aber erst zehn Jahre nach Schmidts Tod von Bernd Rauschenbach von der Arno Schmidt Stiftung herausgegeben. Dante Aligheri, Truman, Stalin und Churchill, Theodor Fontane ("von Tane") oder Klopstock gehörten unter anderem zu den fiktiven Adressaten. Besonders bewegend: Schmidts Briefe an seinen Schwager Werner Murawski, der 1943 im Zweiten Weltkrieg getötet wurde und den der Autor wie einen jüngeren Bruder betrachtete.

Die Briefe vom Cordinger Mühlenhof, die nie ihre Adressaten erreichen konnten und wohl überwiegend auch nicht sollten, sagen weniger über die Empfänger und mehr über den Absender aus. Kritisch und gelegentlich unfair, und nicht selten überheblich gegenüber anderen Schriftstellern präsentierte Arno Schmidt vor allem sich selbst. Das Ergebnis lässt sich amüsiert lesen, weiß man selbst doch nur zu gut, wie es ist, wenn man jemandem einmal so richtig die Meinung sagen möchte - aber eben nicht direkt ins Gesicht.