Im Adlerhorst wartete eine Überraschung

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11/2019 - Europäische Seeadler sind mit einem Gewicht von über sechs Kilogramm und einer Spannbreite von 2,60 Metern beeindruckende Greifvögel. Sie sind sogar größer als das USA-Wappentier Weißkopfseeadler, und seit wenigen Jahren breiten sie sich wieder in Niedersachsen aus. Auf Einladung von Hans Scheele vom FORUM waren die Experten Peter Görke und Joachim Schwarz von der Arbeitsgemeinschaft Seeadlerschutz in Niedersachsen (AAN) zu Gast in Bomlitz. Sie berichteten von den verbesserten Lebensbedingungen, der erfreulichen Entwicklung der Population und erstaunlichen Überraschungen, die sie bei ihrem Monitoring entdeckten.

Auf ein Minimum von drei Brutpaaren waren die Seeadler in Niedersachsen reduziert, bis Natur- und Umweltschutzgesetzgebung eine Erholung und Trendumkehr ermöglichten. Wie Wölfe und Luchse stehen sie zwar an der Spitze der Nahrungskette, hatten und haben aber mit dem Menschen einen bedrohlichen Gegner, der nicht nur die Lebensräume einschränkte, sondern auch Nestlinge und Adlereier lukrativ verkaufte.

Mittlerweile allerdings können Peter Görke und Joachim Schwarz von 74 Brutpaaren mit 71 Jungtieren in Niedersachsen berichten. Die AAN sichert dabei z.B. die Bäume, auf denen sich die bis zu 2,50 Meter breiten und 1,50 Meter hohen Adlerhorste befinden, und beringen die Jungtiere. Gelegentlich platzieren sie dabei eine Webcam, um in regelmäßigen Abständen Fotos zu machen und die Entwicklung der Jungtiere zu dokumentieren, ohne sie zu stören. 

Dabei konnten sie im Jahr 2016 Vorgänge beobachten, mit denen die beiden Experten in Fachkreisen für Aufsehen sorgten: Neben den gesunden Adlerjungen entdeckten sie lebende Bussardküken, die aus ihren elterlichen Horsten entführt worden waren. Eindeutig war, dass die Bussarde nicht in Gesellschaft mit den Adlern gebrütet hatten, sondern sie möglicherweise zu deren Beute geworden waren. Der Vorgang wiederholte sich noch im selben Jahr und wurde in 2017 ähnlich beobachtet.

Was die Adler, die Beute gewöhnlich mit ihren riesigen Klauen sofort töten, dazu bringt, ausnahmsweise so sanft zuzugreifen und die Bussardküken lebend in ihren Horst zu bringen, wird vorläufig ein Geheimnis der Adler bleiben. Durchaus sind ausgelöste Elterninstinkte denkbar, und die Fotos sind eher Belege für eine Art Adoptionsverhalten als für Lebendfutterbevorratung. Zumindest auf einem Foto ist ein fürsorgliches Fütterungsverhalten zu sehen und die Küken konnten, je nach individueller Kondition und Stärke, lange Zeit im Adlerhorst heranwachsen und möglicherweise sogar ausfliegen. 

Hochspannungsleitungen, Windräder, Vergiftungen durch Reste von bleihaltiger Jagdmunition oder Kollisionen mit der Bahn bleiben immer noch große Risiken für die Seeadler. Die Arbeitsgemeinschaft Seeadlerschutz wird noch lange Zeit unterstützen müssen, bis der natürliche Bestand an Seeadlern trotz aller Risiken als gesichert bewertet werden kann.

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