Eine große Ehre und große Dankbarkeit

06/2024 - Die Walsroder Partnerstadt Blainville-sur-Orne aus der französischen Normandie, mit der das Partnerschaftskomitee im FORUM seit mehr als zwanzig Jahren verbunden ist, setzte in diesem Jahr ein besonderes Zeichen der Freundschaft und Versöhnung: Sie luden die Walsroder Gruppe zum 80. Jahrestag der Befreiung der Normandie ein. Am sogenannten "D-Day" am 06. Juni 1944 begann die Befreiung Westeuropas unter großen Verlusten. Es war das erste Mal, dass man Deutschen erlaubte, an den Blainviller Feierlichkeiten teilzunehmen. Eine große Ehre, für die alle Teilnehmenden sehr dankbar waren. Merci, Blainville! 

Nach allem, was Deutsche im Zweiten Weltkrieg den Menschen in Europa angetan hatten, war es ein Wunder, dass überhaupt wieder Städtepartnerschaften entstanden. "Die Freundschaften zu Blainville und auch zur polnischen Gemeinde Kepice zeigen, wie stark sich die europäische Aussöhnung glücklicherweise entwickelt hat", sagt Raphael Bigus vom Komitee. "Wir sind unseren Freundinnen und Freunden in Frankreich und Polen dafür sehr dankbar."

 

Walsoder Zeitung vom 20.06.2024: Walsroder Delegation nimmt an Denkmalenthüllung bei D-Day-Feiern in Frankreich teil und bekräftigt Städtepartnerschaft.

Eine große Gruppe aus Walsrode, bestehend aus Mitgliedern des Partnerschaftskomitees, offiziellen Vertreterinnen der Stadt, Angehörige der Jugendfeuerwehr Bomlitz sowie Schülerinnen und Schülern der Oberschulen in Bomlitz und Walsrode, waren auf Besuch in der französischen Partnerstadt Blainville. Im vergangenen Jahr war eine Delegation aus Blainville in Walsrode zu Gast, um die 2003 in Bomlitz geschlossene Städtepartnerschaft an ihrem 20. Geburtstag zu erneuern. Im Jahre 2004 wurde die Unterzeichnung einer Bestätigungsurkunde bei einem Gegenbesuch vorgenommen, was die Partner nun 20 Jahre später mit einer entsprechenden Erklärung bekräftigt haben.

Das Partnerschaftstreffen in Frankreich begann außergewöhnlich. Die Gastgeber hatten die deutsche Gruppe zu den Veranstaltungen zum 80. Jahrestag des sogenannten D-Days, der Landung der Alliierten in der Normandie, eingeladen. In der Vergangenheit waren deutsche Gäste bei diesen Feierlichkeiten vielfach nicht gern gesehen, und die Walsroder sollen die erste Gruppe aus einer deutschen Partnerstadt gewesen sein, die teilnehmen durfte. Sie bekamen etliche Umzüge und Gedenkfeiern im Bereich der sogenannten Pegasus Bridge zu sehen. Dort befindet sich das kleinen Café Gondrée, das zum ersten befreiten Haus Frankreichs wurde und heute ein Wallfahrtsort für Veteranen und Touristen ist.

Die Stadt Blainville, die am 7. Juni 1944 von den Alliierten befreit wurde, hat zu diesem besonderen Jubiläum ein Denkmal geschaffen, das an die Opfer der Stadt und der britischen Armee erinnert. Bei der Einweihung bekamen die Deutschen eine ungewöhnlich aktive Rolle zugewiesen. Die ganze Gruppe durfte an dem Festmarsch zum Denkmal teilnehmen, die Feuerwehrmitglieder sogar in Uniform. Am Ziel angekommen, erhielt Walsrodes Bürgermeisterin Helma Spöring einen Ehrenplatz auf der Rednertribüne. Sie wurde im Vorfeld sogar gebeten, eine Rede bei diesem Festakt zu halten.

Helma Spöring hob dabei hervor, dass es allen deutschen Gästen bewusst sei, dass diese Einladung keineswegs selbstverständlich sei, sondern eine besondere Ehre und ein Geschenk darstelle, das mit Freude angenommen werde. Sie berichtete von dem Unheil, das die Nationalsozialisten über die Menschen und Länder in Europa gebracht hätten, und über den Einsatz von tausenden ausländischen Zwangsarbeitskräften auch in Walsrode und Bomlitz, unter denen sich viele Französinnen und Franzosen befanden. Sie erwähnte, dass es für viele Deutsche nach dem Krieg nicht einfach gewesen sei, die Landung in der Normandie im Juni 1944 als das anzusehen, was sie gewesen sei - der Beginn der Befreiung Westeuropas und insbesondere Frankreichs, die letztlich auch in der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus mündete.

Dass nach diesem Krieg die Menschen der einst verfeindeten Länder wieder aufeinander zugegangen und Partnerschaften eingegangen seien, aus denen sich zahllose Freundschaften entwickelten, grenze an ein Wunder, für das man nur dankbar sein könne, betonte die Bürgermeisterin.

Der Bürgermeister von Blainville, Lionel Marie, dankte seiner Amtskollegin für die aufrichtigen Worte mit einer Umarmung unter großem Beifall des Publikums - ein bewegender Moment, durch den die tiefe Freundschaft zwischen den Partnerstädten in besonderer Weise zum Ausdruck kam. Beim offiziellen Akt der Eröffnung der Anlage und der Enthüllung des Denkmals wurde Helma Spöring gleichberechtigt mit einbezogen, wie die übrigen britischen und französischen Ehrengäste. Auf die gute Freundschaft konnte im Anschluss bei den offiziellen Feierlichkeiten auf einem großen Festplatz angestoßen werden. Es folgten Musik und Tanz sowie zum Abschluss ein imposantes Feuerwerk.

Am Folgetag wurde die feierliche Unterzeichnung der Bekräftigungsurkunde für die Städtepartnerschaft vorgenommen. Lionel Marie freute sich außerordentlich darüber, dass dieses Mal so viele junge Leute zur Delegation gehörten, denn die Partnerschaft habe keine Zukunft, wenn sie nur eine Sache der kommunalen Vertreter bleibe. Er ging noch einmal auf die besonderen Veranstaltungen zum D-Day ein und berichtete, dass seine Großmutter durch einen Granatsplitter getötet worden sei, als sie mit ihrem Mann und den Kindern vor den Kämpfen fliehen wollte. Er werde den historischen Moment der Einweihung des Denkmals und insbesondere die Rede von Bürgermeisterin Spöring „als unauslöschliche Erinnerung behalten", die nicht nur sein Herz erwärmt habe. „Die Kraft und Intensität dieser Rede am Fuße des Denkmals" habe „bezeugt, dass die deutsch-französische Freundschaft, auch wenn sie Zeit brauchte, um sie zu verwirklichen, heute solide und sehr lebendig ist", führte der Bürgermeister aus.

Helma Spöring betonte, dass die Befreiung von der deutschen Besatzung und die Beendigung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft die Voraussetzung dafür gewesen sei, dass ein Aufeinanderzugehen der Menschen wieder möglich wurde und deutsch-französische Freundschaften entstehen konnten. Das sei letztlich auch die Grundlage für die Städtepartnerschaft und die gute Freundschaft zwischen Blainville und Walsrode.

Zum außergewöhnlichen Programm dieses Partnerschaftstreffens gehörte auch ein Ausflug in die Hafenstadt Dieppe, wo ein Schiffsausflug einen Eindruck von der Küste der Normandie bot. Die vielen gemeinsamen Veranstaltungen hätten die Freundschaft zu den französischen Gastgebern merklich vertieft, so die Meinung der deutschen Gäste. Deshalb kam der Wunsch auf, im kommenden Jahr erneut ein Treffen der Partnerstädte zu organisieren, dann wieder in Walsrode.

Thorsten Neubert-Preine

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